Mittwoch, 6. Februar 2013
Empty Space #6.2
Die Beziehung...

ist ein Selbstmordwerkzeug mit verzögertem Wirkungseintritt.

Jede Geschichte kann auf mindestens zwei Arten enden: schlecht und sehr schlecht. Das "Wer nicht riskiert, der trinkt keinen Sekt"-Prinzip lässt sich nicht auf die Beziehungen übertragen. Ganz wie im Casino kann man auch hier nicht gewinnen. Wer mit dickem Portmonee in die Spielothek geht, rechnet damit, entweder noch mehr Geld zu gewinnen und beweist sich dadurch als hoffnungsloser Idiot; oder sein Geld da bewusst zu lassen und dafür etwas Spaß zu haben. Spätestens wenn man sich kein Taxi leisten kann und den Heimweg zu Fuß zurücklegt, fragt man sich, ob der Abend es wert war.

Es ist unsere Natur, das Positive nur gegenwärtig zu erleben, während das Negative aus der Vergangenheit uns auch in Zukunft kaputtmachen wird. Eine Beziehung macht solange Spaß, bis sie zu Ende ist. Danach bleibt nur bitterer Nachgeschmack. Ein Jahr Sommer gegen den Winter für den Rest des Lebens. Eine Erinnerung ist ihrer Natur nach negativ, weil sie das Vergangene darstellt. Gegenwärtig bleibt nur der Schmerz des Verlustes. Das Lächeln ist fort, gegenwärtig bleibt nur das Schuldgefühl. Der Kuss ist fort, gegenwärtig bleibt nur die Verbitterung. Der Blick ist fort, gegenwärtig bleibt nur die Wut. Alles ist fort, nur nicht die Frage, was hätte man besser machen können. Alles ist vergangen, nur nicht der Wunsch, um Vergebung zu flehen. Alles bleibt in Erinnerung bis zum Ende des Lebens.

Ist dieser Sommer es wert?



Empty Space #6.1
Die Liebe...

erfand der Teufel. Eine natürliche Droge mit grausamen Folgen. Zum Scheitern verurteilt.

Man kauft sich ein Auto, was man schon immer haben wollte. Ein Glückserlebnis. Das Fahrfeeling ist unbeschreiblich, das Leder riecht geil, die acht Zylinder spielen ein wunderschönes Lied. Man wacht morgens glücklich auf mit dem Gedanken, das Auto wieder fahren zu dürfen. Während der Arbeit denkt man an das glatte Lenkrad, den bequemen Sportsitz, 200 Watt Boxen. Diese Scheinwerfer, dieser Lack, dieser Schaltknauf! Mh... Regen, Schnee, Dreck, Sonne. Landstraßen, Autobahn, Stadt, Parkplatz. Es ist immer und überall da, treu auf deiner Seite, bereit, alle Wünsche zu erfüllen.

Und dann fängt die Kupplung an zu spinnen. Der Motor hört sich komisch an. Die Bremse auf der rechten Seite ist schwach und der Kofferraum lässt sich nicht abschließen. Die Frontscheibe ist schon voller Risse, der Lack voller Kratzer und Karosserie voller Dellen. Und dann noch das ständige Nachfüllen der Kühlflüssigkeit, des Scheibenwaschwassers, des Motoröls und der Bremsflüssigkeit. Bald schon wieder zum TÜV, morgen wieder tanken und am Wochenende wieder Reifendruck überprüfen. Das Fahren macht irgendwie keinen Spaß mehr, die Schaltung kennt man auswendig, in der Kurve kommt keine Überraschung, dafür eine mit abgewürgtem Motor an einer Ampel.

Nur kann man seine Liebe nicht in die Werkstatt abgeben und reparieren lassen. Man kann sie schlecht selbst reparieren. Das Auto will sich nicht erneuern lassen, will all die Kratzer behalten und der undichte Zylinderkopfring ist so gedacht. Höchste Zeit für den Besitzer...

sich ein neues Auto zu kaufen.



Flashback #7
Ich fliege wieder! Beim ersten Mal hat das Gefühl alle meine Erwartungen übertroffen, aber auch diesmal war es immer noch atemberaubend. Ich hatte zwar wie zuvor die Angst zu fallen und ich wusste dass meine Träume die üble Gewohnheit hatten meine eigene Ängste zu verwirklichen, aber ich flog weiter. Schließlich war es mir jetzt ganz egal, ob ich aufwache, herunterfalle oder weiter fliege. Die Barriere war vor zwei Wochen gebrochen, ich fand einen Weg, mir das Fliegen im Traum beizubringen - mithilfe des Jetpacks, so komisch es auch klingen mag. Das erste Mal hatte ich panische Angst vor dem Herunterfallen, ich wusste, welches Ende es womöglich gefunden hätte - stilles Liegen auf der Erde mit einer flachen Perspektive senkrecht dem Boden ohne jene Möglichkeit sich zu bewegen oder den Blickwinkel zu ändern. Wie es in den Filmen beim Sterben aus First Perspektive gezeigt wird. Weit nicht immer bin ich dabei aufgewacht.

Jedoch lohnte sich jede Sekunde des Fluges trotz aller Risiken, es war ein unbeschreibliches Gefühl, sich vom Boden abzuheben und 100-200 m Höhe zu nehmen und dann über die mir wohlbekannte Stadt zu fliegen. Die Weltwahrnehmung war ganz anders, ich fühlte bis jetzt noch nie gekannte Freiheit und wusste jedoch, dass ich bald aufwachen muss...



Sonntag, 24. Juni 2012
Under Hundred #1
"Dass das Vorhandene schön und gut sei, können wir fodern; dass das Schöne und Gute vorhanden sei, bloss wünschen" Friedrich Schiller



Flashback #6
Ich hörte leise Schritte und hielt den Atem an. Vom Rennen raste mein Herz und schon nach drei Sekunden verstand ich, dass ich Sauerstoff dringend brauche, und zwar ununterbrochen. Zum Glück musste Nicka selbst schwer atmen und es überdeckte alle Geräusche meinerseits. Sehen konnte er mich sowieso nicht, selbst wenn er die Treppe heruntergekommen wäre - es war 17 Uhr, es war Winter. Wir hatten in der ganzen Schule das Licht ausgemacht, sie war seit über einer Stunde leer, bis auf uns vier und ein paar Putzfrauen. Nicka betrachtete es aber als sinnvoll, ein solch gutes Versteck wirklich ganz abzusichern und fing an, die Ecken abzutasten. Ich wich ihm so gut es ging aus, musste aber beim Vorstellen dieser Szene im Licht lachen und verriet mich sofort. Nur einen Augenblick später bekam ich einen kleinen leichten Ball auf den Kopf und hörte meinen Kumpel mit Lichtgeschwindigkeit dahinrennen. Ich war dran...



Flashback #5
Ich kaute die Pizza weiter und mich übergaben wellenartig Schuldgefühle. Die Lage war mir schon längst klar und genau das war der Punkt - nichts hat sich seitdem geändert. Einerseits wusste ich, dass es nicht so weiter gehen konnte, andererseits war ich zu bequem, um irgendetwas zu ändern. Ich kannte den Weg zu Verbesserung, verschob jedoch ständig das Datum des Eintretens. Die Countdowns halfen auch nicht. Ich wog alle Vor- und Nachteile beide Alternativen ab - der erste Weg war eindeutig besser in allen Sichten, jedoch zögerte ich immer wieder. Es vergingen Tage und Wochen. Als ich eines Abends am PC saß und die Vorteile des falschen Weges genoss, wurde mir klar, dass das schlechte Gewissen, das mich selbst im Schlaf verfolgte, mir den ganzen Spaß an meinem elenden peinlichen Leben im Abgrund raubt. Es machte keinen Sinn mehr...



Flashback #4
Ich lag, auf dem rechten Ellenbogen gestützt, in ihrem Bett und streichelte ganz leicht mit den Fingern linker Hand ihre Brust, ging weiter unter über den Bauchnabel zum linken Oberschenkel und wieder hoch bis zum Hals und den Ohren. Ich wusste, es gefällt ihr - sie war nicht kitzelig genug, um es nicht abhaben zu können, jedoch empfindlich genug, um es im vollen Maß zu genießen. Ich mochte es auch selbst, ließ mich jedoch selten bedienen - ich betrachtete mich schon immer als denjenigen, der verführen soll. Sie hatte nicht viele sexuelle Beziehungen vor mir gehabt und keine einzige, bei der ihr Partner ihre Wünsche und Befriedigung vor den eigenen stellte - diese Vermutung fand jedes Mal Bestätigung, wenn sie mir anbot, den oralen Sex mit gleicher Münze zu bezahlen, um das Gefühl, mir etwas schuldig zu sein, loszuwerden. Ich lehnte es fast immer ab. Er wäre reine Manipulation es auszunutzen und schlimmer noch - zu Gewohnheit zu machen. Selten musste ich es doch zulassen, um nicht das Gefühl zu erwecken, ich wäre nur darauf hinaus, die absolute Kontrolle in unserer Beziehung und Oberhand im Bett zu behalten. Ich dachte damals, ihre Komplexe wären schwierig genug. Ja, damals dachte ich das...



Flashback #3
Ich wachte auf und wusste sofort, wo ich mich befinde. In letzter Zeit schlief ich ausschließlich am PC, dafür legte ich ein kleines Kissen rechts von der Tastatur. Der Sessel war bequem und selbst das Headset störte mich nicht beim Einnicken. Sollte aber eine Nachricht aus welcher auch Quelle ankommen, bekam man es sofort mit. Der Wasserkocher, sowie der lösliche Kaffee und Zucker standen auch auf dem Tisch - das Koffein und Saccharose hielten mich am Leben. Zur Abwechslung gab es ab und zu Milch - dafür musste man aber zum Kühlschrank und das war fast schon eine Weltreise. Dafür holte ich meine Fehlzeiten im Online-Game blitzschnell nach. Ich hatte vor, nächste Woche unbedingt beim Gilden-Raid mitkommen zu dürfen. In diesen zwei Wochen war das mit Abstand das Wichtigste in meinem Leben. Wie schnell ändern sich doch die Prioritäten...



Flashback #2
Ich versuchte es noch mal und scheiterte erneut. Verdammt noch mal! Ich wusste, ich durfte mich nicht aufregen, denn starke Gefühle sowie die plötzliche Erleuchtung, man träumt gerade, sorgen oft für das sofortige Aufwachen, vor allem bei den Anfängern, jedoch kannte ich ausreichend Tricks, mit welchen man sich an einem luziden Traum klammern konnte. Das war ja nicht das Problem. Eher, dass mir ein besonderer Aspekt des Träumens verweigert blieb - das Fliegen. Ich wusste, dafür sollte man sich nicht anstrengen, sondern eher das Gegenteil tun - sich entspannen, den Geist freilassen, es wahrzunehmen, dass man keinen Körper besitzt, jedoch schien mein Charakter zu sehr an Realismus gebunden zu sein, um es umsetzen zu können. Ich brauchte ein Kompromiss, der die Gier nach Fliegen und die Gier nach Realismus gleichzeitig befriedigen würde. Ein Geheimgang...



Empty Space #5
Falsches Spiel

Alleine der Egoismus und die naiven, fast utopischen Weltvorstellungen meiner Mutter machten sie schon zu einem auf lange Zeit unerträglichen Menschen. Ich ahnte schon während des Alleinlebens, dass, sollten wir nach zwei Jahren wieder zusammen ziehen, wir uns oft streiten würden, denn das schaffte sie damals sogar in den Viertelstunde langen Besuchen. Von der Situation bei ihr zu Hause hörte ich nur von ihr selbst und meine Apathie ihrem Ehemann gegenüber milderte ihre Schuld an ihrem Benehmen. So ging ich ihr einfach aus dem Weg, war mit einer meinen Bekannten plötzlich etwas trinken oder hatte blöderweise noch Sportunterricht. "Bitte? Hatte ich gestern schon? Ne, sorry, wurde auf heute verlegt". Sie war der einzige Mensch, der mich zwar auch mal kreuzweise könnte, dem ich das aber nicht direkt sagen wollte. Vielleicht ahnte ich, dass ich im schlimmsten Fall alleine bleiben könnte und diesen Sturz noch hinauszögern sollte, bis ich sicher auf den Beinen stehe. Sollte ich sie zur Hölle schicken, wollte ich selbst nicht hinabsteigen müssen. Die Hölle erstattete mich ohnehin alle zwei Wochen einen Besuch.

Schon nach den ersten zwei Wochen des Zusammenlebens wurde mir klar, dass ich die Lage stark unterschätzt habe. Ich fing an, ihren Ehemann zu verstehen. Er war zwar auch zu egoistisch, um eine Beziehung aufrecht halten zu können, gab im Gegensatz zu ihr jedoch oft nach, um die Situation nicht eskalieren zu lassen, ging geschickt und bedacht vor. Ihre Vorgehensweise war hingegen selbstzerstörerisch, paranoid und nicht einmal ansatzweise auf Vernunft zurückzuführen. Sie konnte innerhalb weniger Minuten zwei sich gegenseitig widersprechende Stellungen in einem Streit nehmen, nur um diese aufrecht halten zu können. Sollten ihr die Argumente ausgehen, was in der Regel schon in den ersten Minuten passierte, hatte sie immer noch ein Ass im Ärmel; genau gesagt, war es in ihrer Hand und sah meistens wie eine volle Flasche oder ein ebenso volles Glas Bier aus und flog schnell in meine Richtung. Ich duldete es mit dem Gedanken, bald ausziehen zu können. Erst als ein Messer an meiner Brust abprallte und gegen die Wand flogen, erinnerte ich sie daran, dass das Erschweren meines Lebens ihr vieles kosten könnte, z.B. das Sorgerecht für ihre Tochter, sollte sie nach einem Anruf beim Jugendamt, indem ein junger Mann von Alkoholproblemen und Wutausbrüchen seiner Mutter erzählt, einen Besuch von um das kleine Mädchen besorgten Leuten in Anzügen bekommt. Dass meine Halbschwester ebenso eine schwache Karte darstellt, wie ich selbst oder sonst jemand auf dieser Welt, verstand ich schon kurz danach. Mit der Hand war die Runde nicht zu gewinnen. Ich zeigte meine Karten und gab dem Gegner zu verstehen, er hätte schon gewonnen und könnte mich in Ruhe lassen, jedoch war er wenig daran interessiert, die Quälerei zu beenden.

Eine mit dem Hammer durchgeschlagene Tür später hatte ich den Verdacht, die Frau zur Hölle zu schicken würde nicht reichen, sie sollte, nachdem sie siegreich daraus zurückkäme, mich nicht finden. Es ließe sich leicht organisieren, umzuziehen, ohne die neue Adresse mitzuteilen, schließlich hatte ich, nachdem die Frau mit der Begründung, sie bräuchte Geld, meine Möbel verkauft hat, nicht viel mitzunehmen. PC, Tisch, Bett: nichts, was ihr gehören würde, falsche Wohnung zeigen, in die richtige einziehen, Handynummer wechseln. Das mit dem Namen war schon schwieriger. Ich hätte um eine Kiste Bier wetten können, es gäbe niemanden mehr mit dem gleichen Nachnamen in ganz NRW, und höchstens hundert mit dem gleichen Vornamen. Während ich mich immer wieder fragte, warum ich bloß mit ihr zusammengezogen bin, war dieser Plan war mein ganzer Trost. Ich behielt mein Pokerface und wartete geduldig...



Flashback #1
Ich bremste scharf ab. Ich wusste, zwischen ihrem Auto, das rechtmäßig auf dem Abstellplatz stand, und der Wand war kein Platz für ein weiteres Auto vorgesehen, dennoch passte der Japaner perfekt dazwischen - der linke Spiegel hatte noch gute 5 cm seiner Privatzone behalten, die rechte Tür würde sich bestimmt sogar bis zum zweiten Einrastpunkt öffnen. Ich stellte den Motor ab und wollte gerade das Mädel anrufen, aber sie flitzte schon aus dem Haus und setzte sich mit einem skurrilen Grinsen im Gesicht in das Auto.

"Du hättest doch gleich in mein Zimmer reinfahren können", sagte sie lachend. "Dein Haus wird vom Gordon Freeman bewacht", erwiderte ich: "Ich bin doch nicht lebensmüde". Jedes Mal, wenn ihr Vater sich im Gesicht nicht sofort rasierte, nachdem die Haut aufhörte, sich wie Seide anzufühlen, und seinen Bart doch etwas länger als ein paar Nanometer wachsen ließ, ähnelte er Gordon Freeman zu 90%. Ich musste ständig den Wunsch unterdrücken, ihm ein Brecheisen zu schenken und loszuschicken, die Welt vor Aliens zu retten.

"Boah, wie sitzt die Frau hier drinnen?!", fragte sie und versuchte einen Weg zu finden, den Sitz nach hinten zu verstellen, während ihre Knien gegen das vordere Panel drückten. Bei ihrer Körpergröße könnte sie eigentlich locker drei mal in den Kofferraum passen, aber die verstellten Sitze waren tatsächlich schon immer ein Problem meiner Mutter - das mit dem "Sitz nach vorne, damit die Kupplung voll durchzutreten möglich ist" von der Fahrschule hat sie wohl wortwörtlich genommen, und obwohl sie seit Jahren Automatik fährt und das Gaspedal etwas schärfer reagieren lassen ließ, sodass man zum Fahren gerade die ersten drei Centimeter nur eines Beins braucht (sollte man nicht auf die Idee kommen, Gas und Bremse gleichzeitig zu betätigen), stellte sie den Sitz so weit wie möglich nach vorne, sodass ich erste Zeit beim Einsteigen immer in das Lenkrad beißen musste, bis ich gelernt habe, vor der Nutzung dieses verdorbenen Werkzeugs seine tödliche Fallen zu entschärfen, wie die klebrigen Apfelschorleflecken auf dem Lenkrad, Schere auf dem Sitz oder Zigarettenasche in allen Ecken, die bei offenen Fenstern die Gewohnheit hatte, in die Augen, Mund und Ohren hineinzugelangen. Das Öffnen von den Fenstern war notwendig für das Überleben des Fahrers und weitere Humanoide im Auto aufgrund ihres natürlichen Bedürfnisses nach Luft und nicht nach Rauch. Man hätte meinen können, die Klimaanlage wäre eine Lösung gewesen, aber das war eine weitere Falle für naive Abenteurer - machte man sie an, fing es im Auto nach Verwesung und Verfall zu stinken, als ob eine Katze, deren Geist schon seit Monaten das Katzenparadies betreten hat, seit dem Zeitpunkt weiter in den Lüftungsröhren ihr Untotendasein treibt. Die Idee mit der Atemmaske musste ich aufgrund meiner coolen Frisur verwerfen.

Sie schob den Sitz nach hinten und einen Moment später fiel ein Schrubber zwischen uns. Die Gewohnheit meiner Mutter, ihre Arbeitswerkzeuge im Auto liegen zu lassen wuchsen in einer Art Sucht alles, was man im nächsten Monat gebrauchen könnte, mitzunehmen. Ich hätte wetten können, im Falle eines atomaren Krieges hätte man im Auto gute sechs Wochen leben können, Sauerstoffflaschen vorausgesetzt.

"Was ist denn das?", fragte sie. "Das ist ein mächtiger Zauberstab! Mit ihm kann ich den Menschen ihre Intelligenz stehlen. Pass auf", ich bewegte den Schrubber im Kreis: "Abrakadabra!.. und schon bist du hirnlos." Ich schaute sie an, "Naja, einen großen Unterschied macht es bei dir ja nicht..." "Ach leck mich", lachte sie: "du bist blöd." "Ach, du bist doch nur auf meinen Zauberstab neidisch! Ich habe eigentlich noch einen etwas kleineren, der aber noch größere Wunder wirken kann, den zeige ich aber nicht jedem und verzaubert werden dürfen von ihm nur ganz wenige." Es klang wie eine Anmache, aber wir kannten uns schon lange und es ging nicht über die Grenzen eines Witzes hinaus.

"Spinner", lächelte sie. Ich startete den Motor und legte den Rückwärtsgang ein...



Freitag, 13. Januar 2012
Empty Space #4
Menschen und Eltern

Oder sind Eltern auch nur Menschen? War das aber nicht so, die Aufgabe, eigene Kinder zu erziehen, sei die wichtigste im Leben und habe die höchste Priorität? Nein, niemand sagt, man solle das eigene Leben für die Kleinen und nicht ganz so kleinen völlig aufopfern, dennoch sollte man diese goldene Mitte finden, das Gleichgewicht, wo die Wölfe satt sind und die Schafe unversehrt bleiben.

Dafür muss man sich der Erziehung verpflichtet fühlen. Ist das nicht der Fall, hat man dieser Welt das nächste Opfer geschenkt. Das Siebenmilliardenerste. Oder das Zweite. Man lernt selten aus den Fehlern. Hier sollte man zwei wichtige Aspekten beachten, bei denen eben die meisten Fehler passieren. Der erste wäre die Zeugung. Mit 15. Kein Kommentar, meine Herren. Zeigt mir ein fünfzehnjähriges Mädchen, das geistig, finanziell und zeitlich bereit ist, Mutter zu werden. Ach, das Zweite rechts? Sie macht gerade ihren Hauptschulabschluss, lebt bei den Eltern und will diesen Freitag unbedingt mit den Freundinnen zur Disco, wenn es ihr erlaubt wird, kann Linda aus Nussloch jedoch nicht anrufen, weil sie kein Guthaben auf dem Handy hat. So ein Mist, dass sie die Zeitungen nicht mehr verteilen darf, weil sie diese blöden zwei Stapel unter der Brücke liegen lassen hat. Außerdem ist das Mädel doch total verpeilt, ist gerade 15, denkt nur an Partys und Alkohol und hat beinahe vergessen ihre Mutter zum 29. Geburtstag zu gratulieren.

"Aber die deutsche Bevölkerung stirbt aus", sagt der fette Amor und sticht immer wieder mit seinem Pfeil in das Gummi.

Der zweite Aspekt wäre sicher die Überschätzung des eigenen Durchhaltevermögens. Das ist bei dem Aufnehmen der Haustiere auch oft der Fall. Selbst bei den letzteren kann man sehr vieles falsch machen, sowohl durch Tat als auch durch Untat. Die Konsequenzen sind jedoch nicht so schmerzhaft - hat man keinen Bock mehr, einfach die Spritze geben oder abwarten, bis das arme Tier an Altersschwäche stirbt. Bei den Menschenkindern funktioniert es auch hervorragend, nur ist das erste merkwürdigerweise staatlich verboten, das zweite erlebt man einfach selten.

Das endgültige Ziel der Erziehung ist den Bedarf an der Erziehung selbst zu eliminieren.

Dann mach ich doch noch einen Versuch. Diesmal klappt es bestimmt. Ich werde die Fehler nicht wiederholen. Und das Kind als meine eigene Personifizierung auf einer anderen, raffinierteren Weise ausnutzen. Es soll das schaffen, was ich selbst schon immer wollte, dafür aber zu blöd/faul/dumm/bequem/arm war.

Die Kinder sind das Ziel des Lebens, keine Finanzquelle, keine Egoaufwertung, keine Versuchskaninchen, keine zweite Chance, keine Sündeböcke.

Kein Mittel zum Zweck...